Eine Teilnehmerfrage aus meinem Workshop Rechtschreibung – sicher und souverän anwenden lautete: Ist es empfehlenswert, einfach immer dann nach der alten Schreibung zu gehen, wenn das möglich ist? Meine Antwort: Oft ja, aber nicht automatisch, und zwar aus mindestens zwei Gründen.
1. Zweifelsfrei geklärt?
Kannst Du in jedem Fall eindeutig unterscheiden, welche Schreibung alt und welche neu ist? Meiner Erfahrung nach reibt sich jeder mal die Augen, weil man die Schreibungen genau andersherum verortet hätte.
Beispiel: zu Stande/zustande. Was ist neu?
Wir orientieren uns bei der Frage nach alt oder neu gerne an bekannten Mustern. Dazu gehört der Wechsel von Getrenntschreibung zur Zusammenschreibung bei Wörtern, die im Laufe vieler Jahre einfach zusammengewachsen sind, das ist beispielsweise bei mit Hilfe der Fall, hier darf man seit der Reform auch mithilfe schreiben.
Wer nach diesem Muster tippt, dass zu Stande die ältere Version ist und und zustande die neuere, liegt schon falsch. Es verhält sich genau umgekehrt. Die Reformer haben 1996 die Schreibung zu Stande eingeführt, um die (eigentlich langsam veraltenden) Groß-/Getrenntschreibungen systematisch durchziehen zu können.
Oder wusstest Du, um ein weiteres Beispiel zu nennen, dass weh tun alt und wehtun neu ist? Erlaubt ist beides.
Wenn Du Dir sicher bist, dass Du diese Unterscheidungen stets beherrschst, kannst Du das Kriterium „Ich bleibe immer beim Bewährten“ natürlich anwenden. Ansonsten ist Vorsicht geboten.
2. Nicht alles Neue ist schlecht
Die neuen Regeln und Schreibungen lassen sich nicht alle über einen Kamm scheren. Beispielsweise ist gegen das obengenannte mithilfe oder das ebenfalls neue sodass meines Erachtens nichts einzuwenden.
Wir können als Fazit festhalten: Die beste Strategie ist, nach der Qualität, nicht nach dem Geburtsdatum einer Schreibweise zu gehen.