Bei einigen Themen sind sich scheinbar alle einig, Diskussion überflüssig. Dass Blogkommentare begehrenswert und unverzichtbar sind, ist so ein Bloggerdogma.
Irgendwann fängt einer an, den Kommentarbereich zu schließen; weitere folgen. Diskussionen entstehen. In Amerika ist diese Entwicklung schon fortgeschrittener, hier tut sich noch wenig, das Dogma „Ohne Kommentare ist es kein Blog“ anzutasten.
Prominentes Ausnahme-Beispiel ist David Keulert von fastwp.de, der sein Blog seit 2016 kommentarlos führte. Zuvor hatte er sich schon einige Male deutlich geäußert, was er vom WordPress-Kommentarsystem hält. Wir kommen noch zu seinen Argumenten.
Vorteile von Kommentaren
Doch zuvor zeige ich Dir, was die Kommentare auf ihrer Haben-Seite verbuchen. Da kommt was zusammen, sie sind nicht ohne Grund so geschätzt.
Dialog statt Monolog
Kommentare machen ein Blog lebendiger. Lob, Tadel und Anregungen, nicht zuletzt Hinweise für Posts gibt’s gratis. Je nach Thema können Kommentare interessante Diskussionen anregen; vielleicht helfen sie Dir, Gedanken zu entwickeln, auf die Du von alleine nicht gekommen wärst, und stoßen Artikelideen an.
Wenn es gut läuft, bringen Dich Kommentare in Kontakt mit anderen Bloggern, mit potenziellen Kunden oder Kollegen. Im besten Fall entstehen daraus Kooperationen.
Suchmaschinendarling
Suchmaschinen mögen Blogkommentare, weil Kommentare ihnen den Eindruck vermitteln, dass der Content des Bloggers oder der Bloggerin es wert ist, goutiert zu werden.
Ob das immer stimmt, sei dahingestellt, aber Suchmaschinen philosophieren nicht, sondern folgen einer schlichten Logik: Wo was los ist, da wohnt wohl guter Inhalt. Kann man drüber streiten; aber nicht mit Google.
Backlinklieferanten
Blogkommentare können sogenannte Backlinks bringen. Angenommen, Du verlinkst einen Artikel, der zu einem Blogpost führt. Sind beide Blogs so eingestellt, dass sie das sogenannte Pingen und Gepingtwerden1 erlauben, wird das andere Blog benachrichtigt: „Guck mal, da hat jemand über uns geschrieben.“ Im Kommentarbereich dieses Blogs erscheint dann ein Link auf Deinen Artikel.
Nach meiner Erfahrung haben allerdings recht viele Blogs diese Möglichkeit ausgeschlossen. Schade, aber verständlich, denn das ist eine Maßnahme gegen Spam und inhaltsleere Aufdringlichkeit.
Leserservice
Leser, die kommentieren dürfen, lesen auch lieber. Kommentare gelten gemeinhin als Mittel, Leser ins Blogboot zu holen, eine Bindung herzustellen. Verallgemeinern würde ich das nicht, es gibt natürlich Leser, denen die Lektüre völlig genügt.
Wichtiger als das Schielen nach möglichst vielen Leserstimmen ist meines Erachtens der Servicegedanke: Wer Fragen hat oder etwas loswerden will, soll es einfach haben. Leser können ihre Gedanken formulieren, Fragen stellen, auf die sie hoffentlich gute Antworten bekommen, Anregungen geben, Hilfe finden. Das halte ich immer noch für das wichtigste Pro-Argument.
Nachteile von Kommentaren
Es könnte so schön sein. Und wenn Du Glück hast, dann bleibst Du noch lange auf der Sonnenseite des Kommentarlebens. Solltest Du irgendwann Schatten aufziehen sehen, könnte das folgende Gründe haben.
Gesprächsarmut und Trollreichtum
Dialog ist was Feines. Sofern er stattfindet. Du kannst auf Deinem Blog wunderbare Selbstgespräche führen, wenn die Kommentarfunktion eingeschaltet ist. Ob Deine Maßnahmen, mehr Kommentare auf das Blog zu bekommen, fruchten, hängt von vielem ab: von Deinem Engagement, Deinem Geschick, Deiner Bereitschaft, aber auch vom Thema, der Community, die du ansprichst.
Vielleicht verlagert sich die Diskussion bzw. das Gespräch zu Deinen Themen mehr in die sozialen Netzwerke. Oder über Dein Thema wird nicht so viel gesprochen; wenn Du gut informierst, kann es auch sein, dass Deine Leser fleißig nicken, was Du leider nicht mitbekommst. Genauso gut möglich: Das Thema wurde bereits in vielen Varianten durchgekaut. Da mag Dein Artikel eine Bereicherung sein, dennoch reizt er nicht zum Kommentieren.
Und was, wenn Du keine sinnvollen Leserbeiträge, dafür aber umso mehr Trollposts bekommst? In diesem Fall haben sich auch die Themen Inspiration und Austausch erledigt. Dann werden Kommentare zu Zeit- und Nervkillern.
[…] oft wird in Kommentaren nur noch beleidigt, Klugscheißer machen sich Luft und es gibt einfach kaum noch sinnvollen Inhalt.
David Keulert, fastwp.de, WordPress Kommentare deaktivieren (Leider hat der Autor sein geniales Blog verkauft. Die neuen Besitzer haben diesen Artikel entfernt. Die Originaladresse dazu lautete: https://fastwp.de/4005.)
Was auch immer die Gründe sein mögen: Wenn auf Deinem Blog wenig kommentiert wird und sämtliche Maßnahmen dagegen nicht fruchten bzw. Du damit leben kannst, spricht nichts dagegen, die Kommentare zu deaktivieren.
Spam-Magneten und Performance-Killer
Würde eine gute WordPress-Fee vor mir erscheinen, lautete mein Wunsch: Verwandle doch bitte Spam in Kommentare. Damit wären alle Probleme gelöst. Bis die Fee kommt, helfen uns Kommentarspam-Plugins.2 Tatsächlich drücken die ganzen Spamkommentare, die täglich auf Dein Blog einprasseln, auf die Performance: Plugins wie Antispam Bee wehren die fiesen Typen zwar ab, aber die Belastung fürs System ist zu diesem Zeit schon entstanden. Und das gilt nicht nur für die Kommentarangriffe.
[…] Kommentare sind in Sachen Website Speed […] eher kritisch zu sehen. Bei WordPress sorgen sie außerdem für massive Spam-Angriffe, automatisiert und ohne, dass ihr irgendetwas dagegen tun könnt. […] Ein Antispam Plugin blockiert diesen Spam zwar, die Anfragen kommen aber dennoch an und auch die Erweiterung zum Blocken braucht Ressourcen und frisst permanent Leistung.
David Keulert, fastwp.de, WordPress Kommentare deaktivieren (https://fastwp.de/4005)
Ich möchte Dir die Kommentarfunktion nicht madig machen; trotz allem finde ich sie klasse. Man sollte aber auch die Haken kennen. Solange Kommentare für Dich sinnvoll sind und das System gut läuft, gibt es keinen Grund, etwas zu ändern.
Es gäbe noch die Möglichkeit, die Kommentare an ein externes System auszulagern oder sie mit einem Plugin aufzumotzen. Schauen wir uns diese Möglichkeiten mal an.
Kommentarsysteme: wordpressintern, Disqus, wpDiscuz
Vielleicht wusstest Du bislang nicht, dass es mehrere Kommentarsysteme gibt. Die hauseigene Kommentarfunktion ist von Anfang an eingebaut und muss nicht – wie etwa ein Kontaktformular – durch ein Plugin (Funktionserweiterung) nachgerüstet werden.
Wenn Du sie – etwa aus Performancegründen – nicht verwenden willst, aber Kommentare ermöglichen möchtest, könntest Du auf ein externes System zurückgreifen: Disqus. Das ist ein bisschen wie Facebook fürs eigene Blog. Das dahinterstehende Unternehmen sitzt in den USA, und um zu kommentieren, muss ein Gast sich bei Disqus registrieren. So etwas ist praktisch, wenn man sich in einem Themenfeld tummelt, das ohnehin von vielen Disqus-Teilnehmern frequentiert wird. Die sind bereits registriert, verwenden es ohnehin und kennen sich damit aus.
Die Hürde, sich bei noch einem datenfressenden Unternehmen registrieren zu müssen, scheint mir aber in den meisten Fällen zu groß. Ich selbst kommentiere nicht über Disqus, weil ich in genügend Netzwerken bin; das reicht mir. Wenn Du Dich für externe Kommentarsystem interessierst, kannst Du Dich bei HootProof einlesen, wie man Disqus ins Blog integriert.
Vielleicht findest Du die Funktionen von Disqus schick, teilst aber meine Bedenken. Für diesen Fall möchte ich Dir das Plugin wpDiscuz vorstellen, da bekommst Du das Beste aus beiden Welten. Man muss sich ein bisschen in die Konfigurationsmöglichkeiten einarbeiten, aber im Großen und Ganzen ist wpDiscuz schnell einsatzbereit und hat bislang auf jedem Blog funktioniert, wo ich es getestet habe.
Die umfangreichen Basisfunktionen sind kostenlos, für Zusatzfeatures möchte wpDiscuz Münzen klimpern hören. Beispielsweise kannst Du Dir ein Päckchen Smilies für knapp 20 Euro gönnen. Mir wäre das zu teuer. Mit den Emoticons bzw. den alten WordPress-Smilies ist wpDiscuz kompatibel. Leider gilt das nicht für die „Font Emoticons“, die ich auf Dauleben einsetze.
Wenn Du an wpDiscuz Interesse hast, erzählt Dir Dr. Web mehr darüber.
Warum ich es nicht eingesetzt habe? Weil mir die WordPress-Kommentarfunktion genügte. Es scheint doch eine spezielle technikaffine Zielgruppe zu sein, der die Kommentarfunktion nicht reicht.
Auch das Bedürfnis, über die Kommentare eine Community aufzubauen, verspüre ich nicht. Kommentare sind für mich ein Leserservice für Rückfragen und Feedback, den ich gerne so lange behalten habe, wie die Vorteile die Nachteile überwiegten.3
Nach- und weiterlesen
Querdenker und WordPress-Experte David Keulert hatte die Schnauze voll von Kommentaren und sich Luft gemacht. Ich habe sein ehemaliges Blog als Hauptbelegquelle und Beispiel zugleich herangezogen, weil es sich wohltuend aus der Masse heraushebt.
Dass, wie er im Artikel behauptet, der Ausschluss von Kommentaren ein sich neu abzeichnender Trend ist, bezweifle ich (auf deutschsprachige Blogs bezogen). Google mal, wenn Du magst, nach „WordPress Kommentare deaktivieren“. Nahezu jeder Autor, der erklärt, wie es geht, bezieht seine Tipps wie selbstverständlich darauf, WordPress als CMS4 ohne Blogfunktion zu verwenden. Als gäbe es die Möglichkeit, bloggend auf Kommentare zu verzichten, gar nicht.
Falls Du das Kommentarsystem im eigenen WordPress-Blog ausschalten möchtest, wäre das Plugin Disable Comments. eine Option. Ich habe es auf mehreren Websites im Einsatz: funktioniert tadellos.
Fazit
Das in diesem Artikel vorgestellte ehemalige fastwp.de zeigt, wie wertvoll ein Blog ohne Kommentare sein kann, wenn der Autor starke Inhalte liefert. Ohne Frage gab es in den Kommentaren manchmal gute Anregungen und Diskussionen. Aber David Keulerts Expertise und Leidenschaft fürs Thema bereicherten unabhängig von weiteren Wortmeldungen. Unter anderem daran erkennt man qualitativ hochwertige Artikel: Sie funktionieren mit und ohne Kommentare gleich gut.
Es gibt einige Gründe, die Kommentarfunktion einzuschalten, etwa die Interaktion mit den Lesern oder die oft genannte Suchmaschinenfreundlichkeit von Kommentaren. Vor allem natürlich: der Service, Fragen, Anregungen und Gedanken unkompliziert mitteilen zu können.
Dem stehen Troll- und Spamgefahr gegenüber, was vor allem dann frustrieren kann, wenn gehaltvolle Kommentare ausbleiben.
Nicht zuletzt kommt es auf Deine Ziele an: Willst Du eine Community über Dein Blog aufbauen, willst Du viel Zeit mit Diskussionen und Austausch verbringen? Oder liegt Dir eher der Aufbau einer Art Wissensdatenbank, um nur eines der Beispiele zu nennen, wie sich ein WordPress-Blog verstehen könnte. Auch wenn zurzeit immer noch eher in den Bahnen „Entweder Blog oder Website, sonst gibt es nichts“ gedacht wird: Jeder, der sich traut, sein eigenes Ding zu machen, tut etwas für die Artenvielfalt von Websites.
Und falls Du Kommentare liebst, die eingebaute Technik von WordPress aber eher mau findest, gibt’s Alternativen: Disqus als externer Anbieter, wpDiscuz in ähnlicher Gestalt als Formenwandler der wordpresseigenen Kommentarfunktion.
Etwas mehr Freude am Experimentieren könnte uns manchmal nicht schaden. Ich wünsche Dir spannendes Suchen und Finden.
Anmerkungen
- Wie, Pingen? Das ist was WordPress-Technisches. Am einfachsten lässt es sich so verbildlichen, dass ein anderes Blog angestupst wird; auf diese Weise erfährt es von Deinem Artikel.
- Mehr dazu gibt es bald in einem Artikel zum Thema „WordPress-Sicherheit“.
- Update 16.04.18: Seit ein paar Tagen ist Dauleben völlig kommentarfrei. Hier wurde nie so viel kommentiert, dass es sich lohnen würde, das Theater mit den DSGVO-Bestimmungen mitzumachen. Stattdessen werde ich in Zukunft vielleicht zu den Artikeln auf Facebook Beiträge einrichten, die dann selbstverständlich gerne kommentiert und diskutiert werden dürfen.
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