Als ich in den 1990er Jahren meine ersten Onlineschritte ging, war Internet für mich gleichbedeutend mit E-Mail-Kommunikation und gelegentlich die eine oder andere Seite ansurfen.
Im Laufe der Zeit stieß ich auf ein Medienforum, bastelte zusammen mit Gleichgesinnten an kleinen Privatboards, erstellte die ersten Homepages und errichtete zu guter Letzt mit der Blogsoftware WordPress mein ehemaliges berufliches Zuhause.
Das Dau-Prinzip
Auf diese Weise stieg die Lernkurve in Sachen Internettechnik; dennoch waren und sind mir die netten Auskenner, die vieles geduldig erklären und beim Basteln mithelfen, um Lichtjahre voraus. So hatte man irgendwann seine Identität im Netz gefunden: den „DAU“. Das ist die uncharmante, aber treffende Abkürzung für ‚dümmster anzunehmender User‘.
Der abfällige Gedanke hinter dem Begriff lässt sich umwenden in eine Haltung, die über das Technische hinausgeht:
- sich Herausforderungen suchen
- mit der Unsicherheit des Neuen leben
- neugierig und offen bleiben
- sich selbst nicht überschätzen
Ich nenne es das Dau-Prinzip; die leicht veränderte Schreibung markiert den Sichtwechsel.
Berufsdau: vom Lernen und Lehren
In meinem früheren Leben Beruf als freie Lektorin und Workshopleiterin hatte ich mich auf die Abgründe der Rechtschreibreform spezialisiert. Ich war nach dem germanistischen Studium fit darin, Texte zu sezieren und ihnen den orthografisch optimalen Schliff zu geben. Aber das Lektorenhandwerk habe ich vor allem durch Praxis gelernt, Learning by Dauing quasi.
Und Lektorieren heißt im Grunde auch, in die Rolle derer zu schlüpfen, die den Text erst noch verstehen müssen. Wer lektoriert, muss stets aufs Neue „den Dummen spielen“, um sicherzustellen, dass der Text wasserdicht schlüssig und verständlich ist.
Meine Kolleginnen und Kollegen wussten, dass ich mich schon während des Studiums intensiv in die damals neue Rechtschreibung eingearbeitet und mich im Lektorat darauf fokussiert hatte. Zehn Jahre habe ich Kontakt zur Wissenschaft gehalten und die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sprache besucht. Eine ehemalige Kommilitonin, heute Professorin, hat mich einem Gesprächspartner mal so vorgestellt: „Sie ist die einzige Nichtwissenschaftlerin, die hier regelmäßig teilnimmt.“
So wurde ich auch über den Lektoratskreis hinaus immer öfter zur Anlaufstelle in kniffligen Momenten. Mit der zweiten kleinen Reform 2006 entstanden daraus Seminare zur Rechtschreibung und ein Reader, den ich wieder anbiete. Warum? Weil die Schreibunsicherheit online wie offline sichtlich nicht abgenommen, sondern zugenommen hat. Fachlich begleitet wird der Reader von einem hochgeschätzten Kollegen, als Wissenschaftler und Lektor Bewohner beider Welten. Seit 2013 ist er Mitglied im Rat für Deutsche Rechtschreibung.
Zukunftsgesänge: Marketing und KI
2023 habe ich mich wieder auf Expedition in unwegsames berufliches Gelände begeben. Diesmal geht’s ins Marketing. Ein steter Quell des Verdrusses für mich. Bis ich irgendwann beschloss: Jetzt lernst du das vernünftig. Und zwar so, dass es meine Wege sinnstiftend erneuert. Darum habe ich mich in zwei hervorragende Coachings eingegraben, die nichts für Feiglinge sind, aber viel geben und Freude machen. Bald liest Du hier mehr dazu.
Und KI? Ich wollte das Thema anfangs in größerem Stil hier mit aufnehmen, weil – okay: Begründung überflüssig. KIs setzen uns alle auf Stufe Dau, jeder geht anders damit um.
Natürlich werde ich mich damit auch weiter befassen, aber diese Website ist nicht darauf ausgelegt, täglich irgendwelche Updates ins Netz zu schicken und Zukunftsprognosen zu zelebrieren. Wenn Du einen Rat willst: Beschäftige Dich auf jeden Fall mit dem Thema, behalte stets furchtlos Augenmaß. Künstliche Intelligenz fehlt – Stand 2025 – das alles entscheidene Element für echte Intelligenz: die Einbindung in einen Körper aus Fleisch, Blut und mit Emotionen. Lass sie doch ein Skript in zwei Sekunden erstellen, sie wird nie die Freude genießen können, einen schwierigen Text geschafft zu haben.
Sie nimmt Jobs weg? Kann man so sehen. Vielleicht fallen da auch Tätigkeiten drunter, die im Grunde keiner machen will. Vielleicht entstehen neue Berufe oder verändern sich Berufsbilder dahin, mit KI viel mehr erreichen zu können als ohne. Wenn Du weißt, was Du kannst, weißt Du auch, was die KI nicht kann. Es gibt – so Du ein Beispiel willst – zurzeit Grafikdesigner, die mit KI hadern. Dann gibt es andere, die gerade weil sie das Know-how haben, im Verbund mit KI zaubern. Und nebenbei Kurse geben, wie Laien so etwas auch schaffen. Nur merkst Du als Teilnehmer eben schnell, dass Du zwar das Midjourney-Abo hast, aber nicht die Design-Skills. Und wer es nicht wahrhaben will, der produziert halt Mist. Das wird sich auch nie ändern.
Du fragst Dich, ob ich KI nur positiv sehe? Nein, überhaupt nicht. Sie ist brandgefährlich, sie hat das Potenzial zu zerstören; sie öffnet Tür und Tor für Manipulationen und Betrug, der uns noch überrollen kann. Sie ist definitiv ein Politikum. Glaubst Du, sie zu ignorieren oder ihre Präsenz zu leugnen, ändert das? Eher im Gegenteil, oder?
Beobachte, lerne, wachse, transformiere. Und lass den gesunden Menschenverstand seine Arbeit machen.